Die Mobilität der Zukunft rückt Klimaschutz, CO2-Neutralität und Luftqualität ins Zentrum ihrer Forschung. Es gibt nicht die eine einzig und allein anzustrebende Energiequelle für den Antrieb. Batteriebetriebene Fahrzeuge mögen bestens für kurze Strecken im Stadtverkehr geeignet sein, jedoch für größere Reichweite oder im Flugverkehr sind andere Konzepte derzeit zielführender. Pluralität ist gefragt. Deswegen widmet sich Thomas Lauer vom Institut für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik der Technischen Universität Wien in geförderten Kooperationsprojekten zwischen Forschung und Industrie verschiedensten Technologien.
All diese Projekte profitieren von der Computersimulation, da viele wichtige Kenngrößen einer Messung gar nicht zugänglich wären. Es können Vorgänge nachgestellt werden, um Herausforderungen im Fahrzeugbetrieb zu identifizieren, insbesondere bei Lastwechseln. Die im Projekt entwickelten Computermodelle stehen dem jeweiligen Unternehmen danach zur Verfügung, um deren Produkte weiter zu optimieren.
Herkömmliche Verbrennungsmotoren können die zukünftigen Klimaziele nicht erreichen, weswegen intensiv Alternativen entwickelt und untersucht werden. Wasserstoffantrieb, Elektroautos oder E-Kraftstoffe (e-Fuels) sollen diese ersetzen. Doch ganz so einfach ist dies nicht. Wesentliche Faktoren sind die maximale Strecke, die mit einer Beladung bzw. Befüllung zurückgelegt werden kann oder die Größe und das Gewicht des Tanks bzw. der Batterie.
Bei Überseeschiffen oder Flugzeugen, bei welchen sehr viel Leistung und Energie gebraucht wird und die Motoren dementsprechend groß sind, stößt die Batterietechnologie an ihre Grenzen. Hier werden weiterhin Verbrennungsmotoren zum Einsatz kommen. Deswegen wird hier nach CO2- neutralen Kraftstoffen gesucht.
CO2 neutral bezieht sich auf die Bilanz von der Herstellung der Kraftstoffe bis zur Verbrennung. Nachwachsende Rohstoffe aus Pflanzen wandeln, gleichsam einem geschlossenen Kreislauf, CO2 in Luftsauerstoff um, während bei deren Verbrennung CO2 entsteht.
Synergien nützen: grüner Energiekreislauf und Vernetzung
Wie allerdings entsteht der Biokraftstoff aus der Pflanze? Dafür wird Energie benötigt, die idealerweise aus Überschussenergie von Sonnen- oder Windkraftwerken stammt. In Zeiten, in welchen mehr Energie erzeugt wird, als vom Verbraucher abgenommen werden kann, kann die überschüssige Energie in Wasserstoff gespeichert werden, der bei der Elektrolyse von Wasser frei wird. Dieser Wasserstoff kann entweder direkt in Brennstoffzellen verwendet werden oder in Verbindung mit Kohlenstoff aus der Biomasse zu flüssigem Kraftstoff, sogenannten E-Kraftstoffen (eFuels), verarbeitet werden.
Numerische Strömungssimulation wird in Projekten erfolgreich eingesetzt
Das Institut für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik der TU Wien, geleitet von Bernhard Geringer, hat sich darauf spezialisiert, in verschiedenen Anwendungen mit numerischer Strömungssimulation (CFD) mobile Antriebssysteme zu untersuchen. Beispielhafte Projekte betreffen die Analyse der Wasserstoff-Brennstoffzelle, die Verwendung von flüssigem Bio- Kraftstoff und die Reinigung der dieselmotorischen Abgase. Die Stärke der Simulation liegt darin, differenzierte Rückmeldung zu liefern, wo weitere Verbesserungen möglich sind. Sind es die Materialeigenschaften, die Geometrie oder etwas anderes?
Die österreichische Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) fördert im Rahmen des europäischen CORNET-Programms die Zusammenarbeit von universitärer Forschung mit klein- und mittelständischen Unternehmen. In dessen Rahmen bestehen bereits zahlreiche Förderverträge zwischen dem Institut und österreichischen Interessenverbänden, wie dem Fachverband der Fahrzeugindustrie, dem Österreichischen Verein für Kraftfahrzeugtechnik (ÖVK) und der ACStyria Mobilitätscluster GmbH, sowie den Firmen Tectos GmbH, Rofa Laboratory & Process Analyzer GmbH, IAG Industrie Automatisierungsgesellschaft m.b.H., Sohatex Engineering GmbH, Institut für Mineralölprodukte und Umweltanalytik ZT-GesmbH (IMU) und AVL List GmbH.
Transienter Betrieb als Prüfstein
Die große Herausforderung bei allen genannten Antriebsmöglichkeiten ist, dass sich ständig die Anforderungen an die Antriebsquelle ändern. Wer mit dem Auto fährt, passt die Geschwindigkeit den Gegebenheiten an, das bedeutet, es wird einmal mehr, einmal weniger Antriebsleistung benötigt. Gerade diese Übergänge zu beherrschen, ist nicht nur die große Kunst, sondern eine unbedingte Notwendigkeit. Transientes Verhalten kann in einigen Fällen zu einer Beschädigung des Motors (Klopfen), der Batterie (Überhitzung) oder der Brennstoffzelle (Drying, Flooding) führen.
E-Kraftstoffe (eFuels) aus flüchtigen erneuerbaren Energiequellen versprechen nachhaltige Mobilität. Im FFG-Projekt eSpray, einem internationalen Kooperationsprojekt zwischen Forschungsinstitutionen, R&D Abteilungen von Hightech Firmen und Klein- und Mittelunternehmen, wird das chemisch-physikalische Verhalten dieser neuen Kraftstoffe erforscht, um auch wirklich die erhoffte Effizienz und Emissionsminderung zu erreichen.
Hightech Experimentieranlagen und Computersimulation ergänzen einander
Zerstäubung, Vermischung und Zündung werden experimentell unter Bedingungen, wie sie in Einspritzsystemen moderner Dieselmotoren herrschen, gemessen. An der TU Wien werden umfangreiche CFD-Simulationen durchgeführt, die das beobachtete Verhalten der eFuels modelltechnisch umsetzen und so zu einem detaillierten Verständnis der Verbrennung und Emissionsbildung führen. Sämtliche Untersuchungen werden auf dem VSC durchgeführt. Abbildung 1 zeigt beispielhaft den berechneten Einspritzvorgang und die Entflammung im Dieselmotor.
Die Brennstoffzelle ist bereits in einer Reihe von Serienfahrzeugen verbaut, wie zum Beispiel bei Daimler oder Toyota. Die Fragestellung, der sich Thomas Lauer im Rahmen des österreichischen Förderprogramms "Mobilität der Zukunft" gemeinsam mit den Firmen Proton Motor Fuel Cell GmbH und AVL List GmbH widmet, ist die des Wassermanagements. In der Brennstoffzelle gibt der Wasserstoff seine Elektronen an die Anode ab und wandert als Proton durch eine Polymer-Elektrolytmembran auf die Seite der Kathode, auf welcher er sich mit dem Sauerstoff aus der Luft zu Wasser verbindet. Dieses Wasser wiederum befeuchtet die Membran und die Elektroden und verbessert damit deren Protonenleitfähigkeit.
Mit CFD das Wassermanagement verfeinern
Das Wassermanagement ist enorm wichtig, denn zu wenig Befeuchtung verschlechtert die Leitfähigkeit der Membran, zu viel Befeuchtung erschwert die Diffusion der Gase zu den Elektroden. In der Simulation werden sowohl die elektrochemischen Prozesse als auch die Strömung modelliert, um orts- und zeitaufgelöste Aussagen über die Befeuchtung zu treffen. In der Berechnung können die Materialeigenschaften variiert werden. Es kann außerdem feuchtere oder trockenere Luft eingeblasen werden, um den Einfluss auf die Entstehung von flüssigem Wasser zu analysieren.
Die Brennstoffzelle im transienten Betrieb
Wenn die Wasserstoffzufuhr verändert wird, dann gibt die Brennstoffzelle mehr oder weniger Leistung an das Fahrzeug ab. Wird mehr Leistung benötigt, dann müssen auch mehr Wasserstoffionen diese Membran passieren, die dann möglicherweise zu stark austrocknet. Wird umgekehrt plötzlich weniger Leistung abgerufen, kann es zu einem Fluten der Gasdiffusionsschicht kommen, was die Reaktionen an den Elektroden verhindert. Eben genau diese Übergänge gilt es zu beherrschen.
Fig. 1: CFD Simulation der Kraftstoffeinspritzung und -entflammung
Bei der Verbrennung von Diesel entstehen Stickoxide, Ruß und Kohlenmonoxid, die für die Lunge schädlich sind. Um Stickoxide zu eliminieren, wird in SCR (selective catalytic reduction) Systemen als Reduktionsmittel eine wässrige Harnstoff-Lösung (AdBlue) in den Abgastrakt eingespritzt. Dort zerfällt sie zu Ammoniak, welcher schließlich die Stickoxide in Wasserdampf und Luftstickstoff umwandelt. Die Kernfrage ist, ob die chemischen Reaktionen der Katalyse wirklich vollständig ablaufen, in anderen Worten, wie vollständig die Abgase gereinigt werden.
Simulation sagt Reaktionsverhalten des Katalysators mit Abgasen vorher
Der Einspritzvorgang dieser Lösung in das heiße Gas im Abgastrakt wird mit Numerischer Strömungssimulation (CFD) auf Hochleistungsrechnern analysiert. Um die chemische Reaktionsrate abzuschätzen, verfolgt man die in den Motor eingespritzten Harnstoff-Tröpfchen auf ihrer Bahn und berechnet deren Temperatur und Geschwindigkeit und die chemische Reaktionsrate.
Auch visuell sehenswerte Phänomene im Abgastrakt
Teile der flüssig eingespritzten Lösung verdampfen sofort, teilweise bleiben Tröpfchen erhalten und treffen auf die heißen Innenwände, an welchen spektakuläre Phänomene beobachtet werden können. An diesen können die Tropfen tanzen, vergleichbar mit einem Wassertropfen auf einer heißen Herdplatte, der auf einem Kissen heißen Dampfes schwebt. Andererseits kann sich an die Innenwände auch ein Flüssigkeitsfilm legen, der aufgrund der hohen Wandtemperatur Blasen bildet und sich dadurch wieder ablöst. Außerdem können in diesem flüssigen Film unerwünschte feste Ablagerungen entstehen, die den Betrieb der Abgasreinigung beeinträchtigen.
Diese vielfältigen Effekte, die einen starken Einfluss auf die erfolgreiche Entfernung der Stickoxide aus dem dieselmotorischen Abgas haben, werden derzeit mittels CFD-Simulation auf HPC Ressourcen, wie dem VSC, gelöst. Derzeit läuft das Forschungsprojekt "AdBlue Deposits" im Rahmen des europäischen CORNET-Programmes, das vom Österreichischen Verein für Kraftfahrzeugtechnik geleitet und u.a. von den österreichischen Firmen Rofa, Sohatex, IMU und IAG unterstützt wird.
Fig. 2: In der CFD Simulation wird das thermodynamische und chemische Verhalten der in den Abgastrakt eines SCR (selective catalytic reduction) Systems eingespritzten wässrigen Harnstoff-Lösung (AdBlue) analysiert. Nur wenn diese Lösung zu Ammoniak zerfällt, reagiert sie mit den Stickoxiden aus den Abgasen des Dieselmotors und führt zu einem optimalen Reinigungsergebnis. Die Ammoniak-Konzentration ist farblich gekennzeichnet.